Zythus-Motion Hünenberg verstösst gegen kantonalen Richtplan

Der Gemeinderat liess die Gültigkeit der Motion bei zwei Rechtsanwälten abklären. Das eine Gutachten beurteilte die Motion als ungültig, weil sie gegen den kantonalen Richtplan verstösst. Das andere Gutachten ging mit einer deutlichen Tendenz von der Rechtswidrigkeit aus. Der Gemeinderat hat nun die Motion für ungültig erklärt. Die Motionäre können den Beschluss des Gemeinderates innert 20 Tagen beim Regierungsrat anfechten.

Hünenberg soll auch künftigen Generationen attraktiven Lebensraum bieten. Auf dem Zythus-Areal plant der Kanton deshalb einen Begegnungsort mit Zentrumscharakter. Das heute für einen Parkplatz und einen Ökihof genutzte Gebiet verfügt wegen seiner zentralen Lage über ein grosses Potenzial für Wohnungen, Verkaufs- und Gewerbeflächen. Wie die Überbauung dereinst aussehen wird, ist noch völlig offen. Das Projekt steht noch am Anfang. Klar ist: Das Bauvorhaben muss sich in die bauliche und landschaftliche Umgebung von Hünenberg See einfügen.

Die auf dem Zythus-Areal geplante Überbauung soll zu einem Treffpunkt für die Bevölkerung werden. Das Gebiet gehört zu einem grossen Teil dem Kanton, der das Areal nun entwickeln möchte. Die Gemeinde arbeitet eng mit der kantonalen Baudirektion zusammen und vertritt dabei die Interessen der Hünenberger Bevölkerung. Der Gemeinderat hat deshalb die Einwohnerinnen und Einwohner von Anfang an eng in die Planung einbezogen. Startschuss bildete ein Workshop, der im September 2016 in Hünenberg See durchgeführt worden war.

Es zeigte sich, dass sich ein Grossteil der Bevölkerung eine attraktive Überbauung mit einem ausgewogenen Mix von Wohnungen, Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungsangeboten wünscht. Insbesondere wurde die Nachfrage von älteren Personen und Singles nach Zwei- und Dreizimmerwohnungen erkannt, denn grosse Wohnungen und Einfamilienhäuser gibt es in Hünenberg bereits zahlreiche.

Denkmodelle, keine eigentlichen Projekte

Auf Grund der vorgebrachten Anliegen gab der Kanton eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Die Resultate wurden an einem zweiten Workshop im Mai 2018 wiederum der Öffentlichkeit präsentiert. Das Interesse war gross; rund 150 Personen folgten den Ausführungen des Kantonsbaumeisters.

Die Machbarkeitsstudie resultierte in den drei unterschiedlichen Vorschlägen «Turm und Platz», «Bahnhofsquartier» und «Zentrum». Wichtig zu verstehen ist dabei, dass diese als reine Denkmodelle und nicht etwa als zur Auswahl stehende und quasi bewilligte Bauprojekte zu betrachten sind. Die Denkmodelle sollen dazu dienen, Meinungen abzuholen und die Grundlage für die Gestaltung eines weitherum akzeptierten Begegnungsortes für Hünenberg zu legen.

Zythus-Areal befindet sich im Verdichtungsgebiet

Bei der Ausarbeitung gilt es, die gesetzlichen Grundlagen zu beachten. 2013 hat das Schweizer Stimmvolk die Revision des Raumplanungsgesetzes mit über 60 % Zustimmung angenommen; die Zustimmung in Hünenberg betrug sogar über 70 %. Auf Grund des Volksentscheides hat der Regierungsrat daraufhin verbindliche Verdichtungsgebiete festgelegt, wozu auch das Zythus-Areal zählt.

Gemäss kantonalem Richtplan liegt das Gebiet im Verdichtungsgebiet I und verlangt eine Ausnützungsziffer bis 2.0. Unter einer Ausnützungsziffer versteht der Gesetzgeber das Verhältnis der Summe der anrechenbaren Geschossflächen zur anrechenbaren Grundstücksfläche.

Der Kanton Zug legt bei der Verdichtung Wert auf Qualität, von der die Bevölkerung profitierten kann (u.a. öffentlich zugängliche Plätze oder die Aufwertung von Strassenräumen). Auf unsere bauliche und landschaftliche Umgebung ist ebenfalls Rücksicht zu nehmen. In Anbetracht dieser Vorgaben ist eine Ausnützungsziffer von 2.0 für Hünenberg See zu hoch. Realistischer ist eine Ziffer im Wert von 1.2 bis 1.4.

Hünenberger Stimmvolk hat das letzte Wort

Der Bauprozess befindet sich erst am Anfang und besteht aus verschiedenen Phasen. Das Zythus-Areal liegt zurzeit noch in der Zone des öffentlichen Interesses. Für eine Überbauung muss es umgezont werden. Diese Umzonung wird im Rahmen der bevorstehenden Ortsplanungsrevision erfolgen und ist zwingend dem Hünenberger Stimmvolk zur Abstimmung vorzulegen. Gleich wie bei der Zentrumsplanung «Maihölzli» wird vorgängig an diese Abstimmung ein Richtprojekt gestützt auf einen Architekturwettbewerb erarbeitet werden.

Dabei wird jenes Projekt ausgewählt, das die Vorgaben am besten erfüllt und sich gut in die bestehende Siedlungs- und Bebauungssituation integriert. Ebenfalls zur Abstimmung gelangen wird der noch zu erarbeitende Bebauungsplan. Neben der Anordnung der Bauten, der Art und dem Mass der Nutzung wird der Bebauungsplan auch Aussagen darüber enthalten, wie die einbezogenen Grundstücke zu erschliessen und die Umgebung zu gestalten sind.

Motion

Am 5. September 2018 wurde eine Motion «für eine massvolle Entwicklung des Zythus-Areals» mit mehr als 300 Unterschriften eingereicht. Mit der Motion soll der Gemeinderat beauftragt werden, dafür zu sorgen, dass bei einer allfälligen Bebauung des Zythus-Areals die Grundmasse der Zone W2b nicht überschritten werden. Dies bedeutet, dass für das Zythus-Areal eine Ausnützungsziffer von 0.35 gelten soll.

Der Gemeinderat hat die Motion von zwei Anwälten auf ihre Gültigkeit prüfen lassen. Das eine Gutachten geht von einer Ungültigkeit der Motion aus, weil sie gegen den kantonalen Richtplan verstösst, der für das Zythus-Areal eine Ausnützung bis 2.0 vorsieht. Das andere Gutachten geht mit einer deutlichen Tendenz von der Rechtswidrigkeit und damit der Ungültigkeit der Motion aus. Der Gemeinderat hat über die Gültigkeit der Motion noch nicht entschieden, den Motionären an einem Gespräch vom 16. Oktober 2018 jedoch das Ergebnis der Abklärungen mitgeteilt.

Er hat ihnen dabei auch die Möglichkeiten bei einer allfälligen Ungültigerklärung der Motion durch den Gemeinderat aufgezeigt: Weiterzug an den Regierungsrat, Rückzug der Motion, Abänderung der Motion oder Einreichen einer kantonsrätlichen Motion zur Abänderung des kantonalen Richtplanes. Im Einverständnis mit den Motionären wird die Motion so oder so nicht an der Gemeindeversammlung vom 10. Dezember 2018 behandelt.

Zweite Gesprächsrunde mit dem Gemeinderat zur Entwicklung des Zythus-Areals

Am Mittwoch, 7. November 2018, fand in der Aula Eichmatt, Hünenberg See, eine zweite Gesprächsrunde mit dem Gemeinderat zur Entwicklung des Zythus-Areals statt. Gegen 220 Personen nahmen an der Informationsveranstaltung teil.

Im ersten Teil orientierten seitens des Gemeinderates Gemeindepräsidentin Regula Hürlimann und Bauvorsteher Thomas Anderegg sowie seitens des Kantons René Hutter, Kantonsplaner, und Urs Kamber, Kantonsbaumeister, über die geplante Überbauung auf dem Zythus-Areal.

Kantonsplaner René Hutter wies darauf hin, dass der Kantonsrat im kantonalen Richtplan festgehalten habe, dass die Grundnutzung bei den Haltestellen der Stadtbahn und Bushaltestellen mit grosser Nachfrage eine genügend hohe Dichte ausweisen muss und eine Ausnützungsziffer bis zu 2.0 möglich ist. Auch das Raumplanungsgesetz verpflichte die öffentliche Hand, die Siedlungsentwicklung nach innen zu lenken. Die Hünenberger Bevölkerung habe im Jahre 2013 die Revision des Raumplanungsgesetzes mit 72.40 % Ja-Stimmen angenommen und somit einer Verdichtung nach innen zugestimmt. Mit den verbleibenden unüberbauten Bauzonen müsse zudem haushälterisch umgegangen werden.

Ebenfalls führte er aus, dass die geplante Überbauung Maihölzli im Dorf eine Ausnützung von knapp 1.0 aufweist. Dem entsprechenden Bebauungsplan sowie der Teilrevision des Zonenplanes und der Bauordnung habe die Stimmbevölkerung am 24. September 2017 mit 73.10 bzw. 75.35 % Ja-Anteil zugestimmt. Das Zythus-Areal liege im Verdichtungsgebiet (angedacht ist eine Ausnützung zwischen 1.2 und 1.4) und sei auf Grund der Lage bestens für die Realisierung eines zweiten «Zentrums» prädestiniert.

Urs Kamber informierte unter anderem über das Wettbewerbsverfahren, in welchem vorgesehen sei, eine Vertretung der Nachbarschaft miteinzubeziehen. Diese könne die Anliegen der Nachbarschaft direkt in das Verfahren einbringen. Das Wettbewerbsprogramm werde im Jahre 2019 erarbeitet, die Ausschreibung und Durchführung erfolge dann im 2020.

Bei der anschliessenden Fragerunde zeigte sich, dass eine Mehrheit der Anwesenden gegen die angedachte Ausnützungsziffer von 1.2 bis 1.4 ist. Sie stellt sich auch gegen den Bau von Hochhäusern. Gemäss René Hutter widerspricht eine maximale Ausnützung von 0.35 – wie sie in einer Motion verlangt wird – dem kantonalen Richtplan und wäre daher nicht genehmigungsfähig.

Urs Kamber betonte zudem, es würden keine Hochhäuser gebaut. Als Hochhäuser würden Bauten ab einer Höhe von 30 m gelten. Die in der Machbarkeitsstudie aufgezeigten Hochbauten seien jedoch tiefer als 30 m und wären somit weniger hoch als die bestehenden zwei Hochhäuser gegenüber dem Zythus-Areal.

Die Gegnerschaft opponierte auch gegen eine durchgehende «Wand» sowie die Dichte der geplanten Überbauung. Auch werde die Sicht auf den See versperrt. Verschiedene Votantinnen und Votanten stellten zudem den Mehrwert der geplanten Überbauung für die Gemeinde in Frage. Der Mehrwert war anlässlich des ersten Workshops im September 2016 gemeinsam mit der Bevölkerung erarbeitet worden. Es handelt sich dabei u.a. um die Schaffung eines Begegnungsortes, die Erstellung von kleineren Wohnungen, Kinderbetreuungsstätten, Arztpraxen etc.

Es ist vorgesehen, den Bebauungsplan und die Zonenplanänderung im Jahr 2021 im Rahmen der Ortsplanungsrevision zu erarbeiten. Der Bebauungsplan und die Zonenplanänderung Zythus-Areal sollen dann voraussichtlich 2023 der Bevölkerung zur Abstimmung unterbreitet werden.

Motion Zythus: Motionäre lehnen Angebote des Gemeinderates ab

Die im September 2018 eingereichte Motion verlangt vom Gemeinderat, eine allfällige Bebauung des Zythusareals mit einer Ausnützungsziffer von 0.35 zu beschränken. Rechtliche Abklärungen haben gezeigt, dass zumindest mit einer deutlichen Tendenz von der Rechtswidrigkeit und damit der Ungültigkeit der Motion ausgegangen werden muss, weil sie gegen den kantonalen Richtplan verstösst. Dieser sieht für das Zythusareal eine Ausnützung bis 2.0 vor.

Die vom Kanton in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudien für die Entwicklung des Zythusareals gingen von einer Ausnützungsziffer von 1.2 bis 1.4 aus. Als Kompromiss hat der Gemeinderat den Motionären eine Ausnützungsziffer von 1.0 bis 1.4 angeboten. Gleichzeitig würde sich der Gemeinderat bei der Baudirektion dafür einsetzen, dass sie eine Vertretung im Fachpreisgericht des Architekturwettbewerbs stellen können. Anlässlich einer gemeinsamen Besprechung vom 18. März 2019 haben die Motionärinnen und Motionäre dieses Angebot abgelehnt.

Es ist somit kein Konsens zu Stande gekommen. Der Gemeinderat wird der Baudirektion für den Architekturwettbewerb gleichwohl eine Ausnützungsziffer von 1.0 bis 1.4 vorschlagen, um qualitativ möglichst gute Projekte zu erhalten.

Am 30. Januar 2019 war die Motion mit Zustimmung der Motionäre bis zum Abschluss oder Scheitern eines Konsenses sistiert worden. Mit der Ablehnung des gemeinderätlichen Angebots beantragten die Motionäre Anfang Mai 2019 die Aufhebung der Sistierung.

Gemeinderat erklärt Motion für ungültig

Der Gemeinderat hat die Motion mit Beschluss vom 4. Mai 2019 ungültig erklärt. Einerseits weil eine Motion nur über einen in den Aufgabenbereich der Gemeinde (= Gemeindeversammlung) fallenden Gegenstand zulässig ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil die Verpflichtung des Gemeinderates, in einem bestimmten Sinne zu lobbyieren, nicht in die in § 69 Gemeindegesetz abschliessend aufgeführten Kompetenzen der Gemeindeversammlung fällt.

Andererseits wegen Verstosses gegen übergeordnetes Recht (kantonaler Richtplan). Der Gemeinderat geht davon aus, dass bei einer Ausnützungsziffer von 0.35 der Verdichtungsauftrag des Richtplanes nicht erfüllt ist und der Regierungsrat eine Umzonung in eine Zone W2b nicht genehmigen würde. Damit soll auch eine Situation wie in der Stadt Zug mit der vom Regierungsrat nachträglich als ungültig erklärten Initiative «Ja zu Gewerbe und Läden in der Altstadt!» vermieden werden.

Bei Zweifeln über die Gültigkeit einer Motion ist im Voraus Klarheit zu schaffen, damit das Stimmvolk nicht über eine Motion und gestützt darauf über eine Umzonung entscheidet, die von vornherein nicht genehmigt werden kann. Die Motionärinnen und Motionäre können den Beschluss des Gemeinderates über die Ungültigerklärung innert 20 Tagen beim Regierungsrat anfechten.

Quelle: Gemeinderat Hünenberg

5.6.2019