Der Kampf um die Social-Media-Daten für den Wahlkampf 2019

Stefan Obwegeser, Geschäftsführer Schober Information Group AG

Wir haben Daten an mehrere Parteien verkauft.

Stefan Obwegeser, Geschäftsführer Schober Information Group AG

Social Medias

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Symbolbild by Photo Mix from Pixabay

Für die Wahlen mobilisieren die Parteien ihre Wähler ganz gezielt, beispielsweise in den sozialen Medien. Die dafür nötigen Daten werden auch eingekauft – vor allem von bürgerlichen Parteien.

Noch nie waren in der Schweiz Daten im Wahlkampf so wichtig. Das zeigen Recherchen von Radio SRF. SVP, FDP, CVP und SP nutzen Daten für ihren Wahlkampf. Wie die einzelnen Parteien zu ihren Daten kommen, geschieht aber sehr unterschiedlich.

Während die SP mit Telefonkampagnen selbst Daten sammelt, kauft die FDP Daten ein – und zwar beim Meinungsforschungsinstitut gfs.bern. Dies ist legal und steht allen Parteien offen, bestätigt gfs-Co-Leiter und Politologe Lukas Golder auf Anfrage.

Das Institut gfs.bern wiederum hat einen Teil dieser Daten selber gesammelt. Ein Teil hingegen wurde bei einem der grössten Datenhändler in der Schweiz gekauft: Schober Information Group AG. Diese Firma wurde auch direkt angefragt. «Wir haben Daten an mehrere Parteien verkauft», sagt Stefan Obwegeser, Geschäftsführer von Schober.

Das ist nicht neu. Neu ist aber, welche Daten heute gefragt sind. «Im Gegensatz zu früher sind die Parteien an Daten interessiert, die etwas über die Interessen und politischen Einstellungen von Personen aussagen.»

Via Parteinewsletter zu sensiblen Daten

Daten sind im Internet haufenweise vorhanden und werden von den Parteien genutzt. Das legt die FDP offen und gibt ein Beispiel: Mit dem Programm «Nationbuilder» reicht es aus, wenn eine Person den Partei-Newsletter abonniert. So gelangen die E-Mail-Adresse und der Name einer Person an die Partei, erklärt Matthias Leitner, stellvertretender Generalsekretär der FDP Schweiz.

Mit diesen Informationen kann «Nationbuilder» automatisch auf die Profildaten von Socialmedia-Konten wie Facebook, Twitter oder Instagram zugreifen. «Diesen Zugriff kann man teilweise verhindern, wenn man Angaben wie die eigene E-Mail-Adresse und Mobilnummer in den Einstellungen als privat deklariert oder grundsätzlich mehrere verschiedene E-Mail-Adressen verwendet», erklärt SRF-Datenjournalist Timo Grossenbacher.

Höchst umstrittene Software

Das Computer-Programm «Nationbuilder» ist im Ausland umstritten. In Frankreich wurden gewisse Funktionen des Programms verboten. In der Schweiz ist «Nationbuilder» ohne Einschränkungen nutzbar. Das Programm ist auch ausserhalb Europas bekannt: Donald Trump benutzte «Nationbuilder» in seinem Wahlkampf als US-Präsidentschaftskandidat.

SRF-Recherchen zeigten auch, dass alle vier grossen Schweizer Parteien sich im digitalen Wahlkampf nicht immer an die Spielregeln gehalten haben. SVP, FDP und CVP haben ungefragt Daten von ihren Webseiten-Besuchern an Facebook weitergegeben. Das ist nicht datenschutzkonform, bestätigte der Eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger.

Mittlerweile ist klar: Auch die SP hat Daten unerlaubt weitergegeben und zwar an Twitter. Alle betroffenen Parteien haben ihre Webseiten angepasst, nachdem sie von SRF konfrontiert worden waren.

Quelle: SRF

9.9.2019