Kinderstuben in luftiger Höhe

Über dem Zoo Zürich herrscht derzeit reger geräuschloser Flugverkehr. Daran beteiligt sind einerseits Graureiher, die mit einigen Brutpaaren im Zoo residieren. Ein weit grösseres «Flugvolumen» erzeugen aber die Weissstörche. Sie fliegen heuer 21 Horste im Zoobereich an – ein neuer Höchstwert für Zürich!

Von den 21 diesjährigen Paaren sind 11 Vögel unberingt. 6 der Störche sind aus Deutschland zugeflogen, 3 im Zoo Basel geschlüpft und einer in den Langen Erlen (Basel). Weitere Vögel sind zugezogen aus den Gemeinden Hombrechtikon, Riedikon (Uster), Mönchaltdorf, Steinmauer, Wetzikon, Meerenschwand, Muri und Murimoos, Brittnau, Möhlin und Uznach. 5 Störche sind «Eigengewächse», auf dem Zürichberg geschlüpft und zur Brut hierher zurückgekehrt. Dazu zählt auch das bereits erwähnte Weibchen aus dem ersten Freiflieger-Jahrgang, das nunmehr 29 Jahre alt ist! Die Ringnummern verraten uns auch, das eines der Brutpaare ein gleichaltriges Geschwisterpaar ist.

Die Störche schleppen derzeit Nestmaterial zum Ausbessern der Nester und insbesondere Futter für ihre heranwachsenden Jungen an. Wie viele Jungvögel dieses Jahr geschlüpft sind, können wir derzeit noch nicht sagen. Da und dort sieht man aber bereits Junge ihre Hälse recken, wenn ein Altvogel Futter ans Nest bringt. Einen guten Einblick hat man in den Horst in der Kamel- und Kropfgazellen-Anlage, wo drei Jungstörche heranwachsen.

Weissstorch

Weissstorch

Junge Europäische Weissstörche mit Elterntier.Copyright: Zoo Zürich, Robert Zingg

Rückkehr dank Wiederansiedlungen

Dass es in der Schweiz überhaupt wieder freiliebende Störche gibt, ist Wiederansiedlungen zu verdanken. Illegale Jagd, Industrialisierung, Umweltverschmutzung und Lebensraumverlust sowie später storchenunfreundlich gebaute Stromleitungen und der Strassenverkehr hatten die Storchenbestände ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark zurückgehen und den Storch Mitte des letzten Jahrhunderts schliesslich ganz verschwinden lassen.

Niedergang und Wiederaufbau der Storchenpopulation in der Schweiz

So gut ging es dem Storchenbestand in der Schweiz nicht immer. Im vergangenen Jahrhundert brach der Brutbestand ein und erlosch in der Schweiz 1950 gänzlich. Verschiedene Faktoren dürften zu dieser Entwicklung beigetragen haben wie die grossflächigen Entwässerungen von Feuchtgebieten, der zunehmende Bau von Freileitungen, der Pestizideinsatz und auch Gefährdungen auf dem Zug in und aus den südlich gelegenen Überwinterungsgebieten (erhöhter Jagddruck, Bekämpfung der Wanderheuschrecken).

1948 startete Max Bloesch von Altreu aus ein Wiederansiedlungsprojekt mit zunächst 20 Jungvögeln aus dem Elsass. Die ersten Bemühungen waren nicht von Erfolg gekrönt. In einem zweiten Anlauf importierte Boesch in mehreren Etappen annähernd 300 Jungvögel aus Algerien. Um die hohen Verluste auf dem Zug ins Winterquartier und zurück zu vermeiden, hielt Bloesch die Störche bis zur Geschlechtsreife in Altreu zurück. Ab Mitte der 1960-er Jahre begann sich die Storchenpopulation in der Schweiz wieder aufzubauen. Mit der Zeit unterstützte ein Netz von 23 Aussenstationen die von Altreu ausgehenden Bemühungen.

Die Wiederansiedlung des Weissstorchs in der Schweiz war erfolgreich. 2018 zählte man 515 Paare mit insgesamt 1096 Jungen. Dieser Bestand braucht keine direkten Stützmassnahmen mehr. Was es jetzt braucht, sind Aufwertungen der Lebensraumqualität, um diesen Vögeln das längerfristige Überleben in unserer Kulturlandschaft zu ermöglichen.

Weissstorch

Weissstorch

Saisonale Gäste: die Europäischen Weissstörche.Copyright: Zoo Zürich, Enzo Franchini

Störche im Zoo

Störche standen schon 1929 auf dem «Poschti-Zettel» der für den neuen Zoo anzuschaffenden Tiere. In der Tierkartei beginnen die systematischen Aufzeichnungen zum Storchenbestand in den 1950-er Jahren. Der Schlupf des ersten Jungvogels ist für 1960 vermerkt. 1962 ertranken tragischerweise zwei Jungvögel im Nest: Wenn die Nestunterlage zu kompakt ist und zur Polsterung feines und erdiges Material eingetragen wird, kann es vorkommen, dass sich bei starken Regenfällen die Nestmulde mit Wasser füllt. Ab 1989 schlüpften dann jährlich Junge, bis heute dürften dies über 450 sein (da die Horste oft nicht einsehbar sind, konnte das Brutgeschehen nicht lückenlos dokumentiert werden).

Die Jungstörche wurden zunächst zurückbehalten und mit anderen Zoos getauscht. 1980 und 1981 «entflog» jeweils ein Storch, ab 1990 liess man alle Jungvögel frei fliegen. Ein 1990 im Zoo geschlüpftes Weibchen kehrte 1992 als Brutvogel in den Zoo zurück – und tut dies bis heute!

Weissstorch

Weissstorch

Markanter Vogel: Europäischer Weissstorch.Copyright: Zoo Zürich, Tobias Kramer

Wachsende Storchenkolonie

Der Zoo Zürich will auch für Störche eine gute Adresse sein und unterstreicht dies unter anderem mit einem Angebot an geeigneten Nestunterlagen. In Ergänzung zu diesen Nesthilfen haben immer wieder Storchenpaare eigene Standorte gewählt, um dort – wenn auch nicht immer auf Anhieb erfolgreich – ihr Nest zu errichten. Eines dieser Nester thront in «Nachbars Garten»: Knapp ausserhalb des Zoogeländes zählt eine private Liegenschaft während der Brutzeit eine Storchenfamilie im Garten als Mitbewohner.

2005 zählte man im Zoo 6 Storchenhorste, 2014 deren 15 und dieses Jahr sind nun 21 Horste besetzt. Die Anzahl Jungvögel, die flügge werden, verläuft nicht parallel zu dieser Entwicklung. Denn beim Bruterfolg spricht das Wetter ein gewichtiges Wort mit: Solange die Elternvögel ihre Jungen hudern und wärmen können, spielen die Wetterverhältnisse keine grosse Rolle. Kritisch ist die Phase, in der die Jungvögel zu gross sind, um gehudert zu werden und zu «klein», um in nass-kaltem Wetter ihre Körpertemperatur zu halten. Schlechtes Wetter zum falschen Zeitpunkt kann zu einem fast totalen Verlust der Jungvögel führen.

Informationen dank Beringung

Soweit als möglich werden die Jungstörche vor dem Ausfliegen beringt. Dabei erfahren wir durch Schutz & Rettung im Rahmen einer Übung wertvolle Unterstützung, sind doch viele der Horste nur mit Hilfe einer Drehleiter erreichbar. Dank der auch aus Distanz ablesbaren Ringe erhalten wir Infos über die Herkunft unserer freifliegenden Gäste.

Von den 21 diesjährigen Paaren sind 11 Vögel unberingt, 6 sind aus Deutschland zugeflogen, 3 im Zoo Basel und einer in den Langen Erlen (Basel) geschlüpft. Weitere Vögel sind zugezogen aus den Gemeinden Hombrechtikon, Riedikon (Uster), Mönchaltdorf, Steinmauer, Wetzikon, Meerenschwand, Muri und Murimoos, Brittnau, Möhlin und Uznach. 5 Störche sind «Eigengewächse», auf dem Zürichberg geschlüpft und zur Brut hierher zurückgekehrt. Dazu zählt auch das bereits erwähnte Weibchen aus dem ersten Freiflieger-Jahrgang, das nunmehr 29 Jahre alt ist! Die Ringnummern verraten uns auch, das eines der Brutpaare ein gleichaltriges Geschwisterpaar ist.

«Bodenstörche»

Neben den freifliegenden Störchen gibt es auf der Vogelwiese auch ein Paar sogenannter «Bodenstörche». Es sind dies zwei flugunfähige Störche. Das Männchen ist nunmehr dreissig Jahre alt, kam 2006 kupiert aus einem tschechischen Zoo nach Zürich. Das Weibchen schlüpfte 2009 hier im Zoo und ist aufgrund eines Unfalls flugunfähig. Jahr für Jahr baut dieses Paar seinen Bodenhorst aus und bebrütet seine fünf Eier – meist erfolglos, da diese in der Regel jeweils unbefruchtet sind. Dieses Jahr sind nun zwei Jungvögel geschlüpft, dies waren wohl «Kuckucks-Eier» …

Wir haben noch keine Übersicht, wie viele Jungvögel dieses Jahr geschlüpft sind. Da und dort sieht man Junge ihre Hälse recken, wenn ein Altvogel Futter ans Nest bringt. Einen guten Einblick hat man in den Horst in der Kamel- und Kropfgazellen-Anlage, wo drei Jungstörche heranwachsen.

Quelle: Zoo Zürich

Bilder ZVG: Zoo Zürich

18.5.2019

Zoo Zürich: Beringung von 29 Jungstörchen