Musikfestival «Hausgemacht» in der Jazzkantine Luzern

Bei Weitem nicht nur Jazz-Freunde kommen am Musikfestival «Hausgemacht» vom 3. bis zum 5. Oktober 2019 in der Jazzkantine Luzern auf ihre Kosten. Die Bands von Alumni und Dozierenden der Hochschule Luzern – Musik präsentieren mit ihrer Spielfreude einen breiten Stilmix.

Unter anderem werden mit Lauren Newton, Christoph Baumann und Hämi Hämmerli drei langjährige Dozierende gebührend verabschiedet. Heavy Metal trifft auf Volksmusik, eine Harfe auf ein Effektgerät und das Jahr 1985 wird mit Nintendo-inspirierter Musik wiederbelebt.

Living Legends

Nicht eine, nicht zwei, sondern gleich drei Ären gingen in diesem Herbst an der Hochschule Luzern – Musik zu Ende. Mit Lauren Newton, Christoph Baumann und Hämi Hämmerli gehen Persönlichkeiten in Pension, welche die Institution entscheidend geprägt haben. In der Musik läutet ein solcher Schritt aber nicht das Ende ein, sondern eine neue Phase: Alle drei sind aktiv in verschiedenen Bands und brennen vor Spiellust. «Hausgemacht» präsentiert als Auftakt der zweiten Ausgabe deshalb zwei Formationen, welche die drei Ausnahme-Musikschaffenden würdigen.

Blindflug

Beim Blindflug steuern PilotInnen das Flugzeug nur mithilfe der Bordinstrumente und ganz ohne Sicht. In etwa so lässt sich auch das Trio um Lauren Newton (voc), Sebastian Strinning (sax, bcl) und Emanuel Künzi (dr) umschreiben. Die Instrumente laufen perfekt, sind breit ausgecheckt, erprobt sowie vertieft. Was bleibt, ist ein Abenteuer im Rahmen der Freien Improvisation, zwischen urgewaltiger Erfahrung und raffinierter Entdeckungslust.

Hausquartett

Ihr Stammgebiet ist die «UnvermeidBar», gegenüber vom Badener «Teatro Palino»: Dort treten Christoph Baumann (p), Hämi Hämmerli (b), Christoph Grab (sax) und Tony Renold (dr) praktisch jeden Donnerstag als «Hausquartett» auf – gerne mit Gästen und in wechselnden Formationen. Am gleichen Ort wurde zugleich die Entwicklung einer Spielform initiiert, welche einerseits vom freien Spiel ausgeht und andererseits auf einem Materialpool von ausgewählten Standards besteht: ein Prozess, der bis heute andauert und der endlich auch einmal wieder in Luzern zu erleben sein wird.

Christoph Pfändlers Metal Kapelle

Heavy Metal trifft auf Volksmusik?! Die ungewöhnliche Metal-Band von Christoph Pfändler in der Besetzung Hackbrett, Violoncello, Kontrabass und Piano lässt auch ohne verzerrte Gitarren die Bühne brennen und provoziert trotzdem den einen oder anderen Headbang. Oder zumindest zustimmendes Kopfnicken. Denn plötzlich findet Mensch sich in der Walzerwiege des Klaviers wieder, die mittels Herzen durchschlängelnder Cellomelodien in Erinnerungen schwelgen lässt und bekräftigt: Manchmal muss Metal gar nicht laut sein, um zu berühren. Rock’n’Hackbrett!

Kaos Kollektiv

Abenteuerliche Arrangements, wild, durchtrieben und mystisch: Das zeichnet das Kollektiv rund um den Bassisten Benedikt Wieland aus. Die Band «Kaos Protokoll» nahm ihren Anfang 2010 unter der Devise «no concept as concept» und startete als Quartett. Mit «Kaos Kollektiv» beschreitet der Bandleader nun neue Wege. Ein Kollektiv, bestehend aus Freunden und Weggefährten, sorgt für eine wandelbare Besetzung. Das Feld wird von verschiedenen Spieler/-innen betreten, wodurch die Stücke je nach Formation ganz anders klingen können. Was als Kernessenz bleibt, sind dunkle, elektronische Klänge, treibende Beats und eine Flexibilität sowie Vielfalt, die in der Schweizer Musikszene noch selten so gelebt wurde.

Linda Vogel

Bei effektgeladener Musik kommen Synthesizer oder E-Gitarren in den Sinn, aber sicher nicht das, was Linda Vogel zupft: die Harfe. Mithilfe von Effektgeräten sowie erweiterten Spieltechniken und einem Triggering-System, welches es ermöglicht, die hohen sowie tiefen Tonregister gleichzeitig zu bedienen, lässt sie das antik anmutende Saiteninstrument in einem ungehörten Kontext erklingen. Darüber wird ein Netz aus Worten gesponnen, die zum Teil von Bertolt Brecht oder Fernando Pessoa geliehen sind. Zusammen mit dem Schlagzeuger Vincent Glanzmann kreiert Linda Vogel so Sounds sowie Stimmungen, die fragile Momente, gerappte Poesie und Improvisation nebeneinander stellen.

Service Fun

Vier Hippie-Schnäuze in einer farbigen Klötzchenwelt: Diese Illusion nimmt überhand beim Erleben von «Service Fun». Markante Synth-Leads und ein Kanon-singender Männerchor untermalen hier verzerrte Gitarrenklänge, Surfgrooves und pumpenden Afro. Garniert mit einer Prise Komik verkommt so der Dancefloor zum brodelnden Partyschloss: Etwa mit Super Mario, welcher sich dem Tropical Rock verschrieben hat und auf Nintendo-64-Konsolen tanzend die 8-Bit-Ära mit röhrenden Instrumenten wieder zum Leben erweckt. Ein irrsinniger Cocktail also, serviert von vier Superhelden aus Vevey im Stile von «Let’s-a go – Mario!»

24.9.2019